Studienreise 2017

Speed, bonnie boat, like a bird on the wing!

Mit diesen Worten beginnt der Skye Boat Song. Was die Flucht von Bonnie Prince Charlie nach der verheerenden Schlacht bei Culloden besingt, geriet im Juli dieses Jahres zum Motto der Leser-Studienreise mit der „Thalassa“ zu den Inneren und Äußeren Hebriden. Seefahrt, Whisky und Kulinarik gingen dabei auch in diesem Jahr wieder eine harmonische Verbindung ein.

 

„Leinen los!“ hieß es am 1. Juli, als die diesjährige Studienreise für Leserinnen und Leser der Fachzeitschriften „Der Whisky-Botschafter“ und „Whisky Time“ mit der holländischen Barkentine „Thalassa“ ihren Anfang nahm. Doch zuerst galt es für die 25 Teilnehmenden, sich in Geduld zu üben. Denn während der vorangegangenen Exkursion war die Gangway defekt geworden und für Ersatz musste gesorgt sein. Dieser traf dann auch auf dem Autodach direkt aus den Niederlanden am Hafenpier von Oban ein. Mit rund zweistündiger Verspätung legte die „Thalassa“ ab – was der guten Stimmung unter den Passagieren allerdings keinen Abbruch tat – und nahm flotte Fahrt in Richtung Tobermory auf der Insel Mull auf. Nach dem Bezug der Kabinen moderierte Christian H. Rosenberg, Herausgeber von „Der Whisky-Botschafter“ und „Whisky Time“ und Reiseleiter, im Salon die obligate Vorstellungsrunde, die einen ersten Eindruck davon ermöglichte, wer sich da alles für eine Woche auf dem gleichen Boot befand. Wie fast überall auf dieser Reise sorgte die „Thalassa“ bei der Ankunft im Hafen von Tobermory bei Einheimischen und Touristen für reichlich Aufsehen – so einen eindrücklichen Dreimaster sieht man schließlich nicht alle Tage! Bald läutete die Glocke zum Nachtessen, und zum ersten Mal ließen sich die Seefahrer im Unterdeck von den Kochkünsten des Smutje Jelle verzaubern.

 

„Liquid sunshine“ und hoher Seegang

Nach der ersten Nacht an Bord lud ein reichhaltiges Frühstücksbuffet zur Stärkung für den bevorstehenden Tag ein. Und diese war auch nötig, zeigte sich doch das Wetter von seiner schottischsten Seite – „liquid sunshine“ nennen es die Einheimischen. Der Besuch der Brennerei Ardnamurchan stand auf dem Programm. Da die Gewässer rund um den westlichsten Punkt der britischen Hauptinsel zu seicht für den Tiefgang der „Thalassa“ sind, musste diese vor Anker gehen. Mit dem Dingi, dem kleinen Beiboot, erreichte man aufgeteilt in drei Gruppen das Ufer und nahm anschließend den Weg zur Destillerie unter die Füße. Diese zeigte sich modern und fotogen, ist sie doch erst 2014 vom unabhängigen Abfüller Adelphi gegründet worden. Jenen Zeitpunkt, an dem der erste ins Fass gefüllte Spirit alt genug geworden wäre, um sich Whisky nennen zu dürfen, verpasste die Reisegruppe knapp. So musste sie sich nach der Führung mit einem einjährigen Spirit begnügen, der jedoch sehr vielversprechend schmeckte. Zum Vergleich gab es noch einen Vertreter aus der aktuellen Adelphi-Range.

 

Dann ging‘s wieder auf hohe See. Und diese, genauer der Seegang, zeigte sich sehr hoch. Wind und Wellen dominierten die Szene. Die passende Gelegenheit, alle Segel zu setzen. Dabei legten einige Passagiere gerne selber Hand an, derweil andere ihrem Unwohlsein mit einer Tablette oder einem Nickerchen in der Horizontalen begegneten. Die Schlagseite nahm teils besorgniserregende Formen an, doch die Crew unter Kapitän und Schiffs-Miteigentümer Jacob Jan Dam hatte stets alles unter Kontrolle. Bei der Ankunft auf der Insel Skye, im Angesicht der Talisker-Destillerie, beruhigte sich die Lage. Was für ein erhabenes Gefühl, als dann auch noch der Mitreisende Michel Greis den Dudelsack zückte und passenderweise den Skye Boat Song intonierte!

 

Statt Whisky gab‘s auf Harris Gin

Die Führung bei Talisker am folgenden Morgen geriet zu einem ersten Höhepunkt, traf man sich doch anschließend mit dem Distillery Manager Stuart Harrington höchstpersönlich im Warehouse zur Verkostung einer nur in der Destillerie erhältlichen Abfüllung und eines 27-jährigen Tropfens, der wirklich allen herrlich mundete. Dann ging es weiter in Richtung Äußere Hebriden. Die Insel Harris, genauer gesagt der Hafen von Tarbert, war das Ziel. Die dortige Destillerie – sie profiliert sich als „soziale Destillerie“ – ist erst im September 2015 eröffnet worden. Kein Wunder, konnte man da auch noch keinen Whisky probieren. Immerhin gab es einen „very wee dram“ des Harris Gin zu degustieren und die darin inkorporierten Botanicals, darunter sogar Seetang, zu erschnüffeln. Einigen Glücklichen war es dann aber doch vergönnt, einen Schluck des New Make zu erhaschen…

 

Wie jeden Abend konnte man sich vor und nach dem Nachtessen an den von einzelnen Mitreisenden spendierten oder von Christian H. Rosenberg aus den Destillerien mitgenommenen Whiskyflaschen an der Bar bedienen. Es erstaunte schon etwas, wie schnell diese Flaschen mitunter zur Neige gingen… Wem der Sinn einmal weniger nach dem Wasser des Lebens stand, konnte auf ein reichhaltiges Angebot an Wein, Gin Tonic und anderen Cocktails oder das von Schiffskoch Jelle höchstselbst gebraute schmackhafte Craft Beer vom Zapfhahn zurückgreifen. Aus zeitlichen Gründen verzichtete der Kapitän, den Hauptort von Skye, Portree, anzufahren. Stattdessen ankerte die „Thalassa“ vor der kleinen Insel Canna, wo der schöne Abend mit einer Gitarren-Jam-Session der Matrosen und gemeinsam gesungenen Liedern ausklang.

 

Tobermory top, Ben Nevis flop

Am nächsten Tag setzte sich die Sonne endgültig durch. So durchpflügte die „Thalassa“ den ganzen Tag die See auf dem Weg zurück nach Tobermory, wobei sie doch tatsächlich hin und wieder von Delfinen begleitet wurde. Nur einen Tag später war es leider wieder vorbei mit dem Prachtswetter. Es herrschte einmal mehr „liquid sunshine“, aber so ist es halt nun mal in hebridischen Gefilden! Dafür trugen die Seefahrer aus Deutschland und der Schweiz die Sonne im Herzen und wurden dafür in der Destillerie Tobermory von einer ebenso herzlichen Führung belohnt. Als „Tüpfelchen auf dem i“ gab es dann noch ein Tasting, an dem neben den Standardabfüllungen, dem 10-jährigen ungetorften Tobermory und dem gleichaltrigen getorften Ledaig, der 21-jährige Tobermory und der 19-jährige Ledaig kredenzt wurden. Es waren sich alle einig: das Highlight der Reise! Für den kulinarischen Höhepunkt wiederum sorgte Schiffskoch Jelle am Abend dann mit köstlichem Hummer. Die Stimmung unter den Passagieren – man war inzwischen von Mitreisenden zu Freunden geworden – näherte sich ebenfalls dem Höhepunkt, nicht zuletzt animiert von dem einen oder anderen Flaschengeist, den der bereits erwähnte Michel Greis den leeren Whiskyflaschen entlockte.

 

Nach der Überfahrt zum Städtchen Fort William, am schottischen Festland – dort, wo der Caledonian Canal Richtung Inverness beginnt – gelegen, stand der letzte Destillerie-Besuch bei Ben Nevis an. Dieser entpuppte sich leider als Gegenteil zu jenem bei Tobermory. Statt eines Single Malt gab es lediglich einen durchschnittlichen Blend zu verkosten. Doch dieser Dämpfer konnte dem Gesamteindruck der Studienreise kaum etwas anhaben: Einer Reise, die sowohl nautisch als auch whiskymäßig und kulinarisch so viele positive Eindrücke für alle Sinne bot, dass sie förmlich nach Wiederholung schreit. Man kann es kaum erwarten, bis es erneut „Leinen los!“ heißt.

 

Hinweis

Im Jahr 2018 wurden aufgrund der hohen Nachfrage zwei Studienreisen angeboten: Die erste Reise (Oban-Troon) fand vom 16.-23.06.2018 statt, die zweite (Troon-Troon) vom 23.-30.06.2018.

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